Gesetz im April

Frankreich soll aktive Sterbehilfe erlauben

In Frankreich soll aktive Sterbehilfe unter Auflagen gestattet werden. Staatspräsident Emmanuel Macron kündigte in einem Zeitungsinterview die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfes für April an, der dann ab Mai im Parlament diskutiert werden soll. Macron sprach von einem "Gesetz der Brüderlichkeit", das "die Autonomie des Individuums mit der Solidarität der Nation versöhnt".

Aktive Sterbehilfe, auch als Tötung auf Verlangen bezeichnet, liegt laut deutschem Strafgesetzbuch vor, wenn ein Dritter durch das "ausdrückliche und ernstliche Verlangen" des Getöteten zur Tötung bestimmt wurde und den Tod gezielt aktiv herbeigeführt hat.

Beihilfe zum Suizid leistet, wer einem Menschen, der sich selbst tötet, dabei Hilfe gewährt, etwa durch das Besorgen von Medikamenten oder die Zubereitung eines Gift-Getränks. In Abgrenzung zur "Tötung auf Verlangen" kommt es darauf an, dass der Sterbewillige das Geschehen in der Hand behält.

Nach Worten Macrons sollen künftig unheilbar kranke Erwachsene im Endstadium ihrer Krankheit "um Hilfe bitten können zu sterben". Der Patient müsse voll urteilsfähig, also weder minderjährig noch psychisch krank sein. Aktive Sterbehilfe soll dann durch ein tödliches Präparat erfolgen, das der Sterbewillige selbstständig oder aber mit Hilfe einer anderen Person zu sich nimmt.

Bislang ist in Frankreich gesetzlich lediglich erlaubt, Todkranke am Lebensende dauerhaft zu sedieren und Apparate abzuschalten. Fälle von Schwerkranken, die sterben wollen oder deren Angehörige sie sterben lassen wollen, sorgen immer wieder für heftige öffentliche Debatten.

Aktive Sterbehilfe und ein selbstbestimmtes Lebensende werden in Frankreich seit 2020 wieder stark diskutiert. Während konservative Abgeordnete und Religionsvertreter Liberalisierungen vehement ablehnen, setzt sich die Präsidentenpartei "Renaissance" (zuvor "La Republique en Marche") dafür ein. Zuletzt wurde 2021 ein Gesetzesvorschlag abgelehnt, der aktive Sterbehilfe ermöglichen sollte.

2023 hatte ein von Macron initiierter "Bürgerkonvent" einen Bericht zu Sterbehilfe und -begleitung vorgelegt. Das Papier wirbt für einen grundlegenden Wandel bei der Begleitung von Schwerstkranken. Zu den Forderungen zählen ein verbesserter Zugang zu Palliativversorgung sowie mehr Mittel für die häusliche Pflege. Drei Viertel der Delegierten (75,6 Prozent) sprachen sich damals dafür aus, die geltenden Regeln zu aktiver Sterbehilfe und Beihilfe zum Suizid zu lockern. Etwa ein Viertel der Konventsmitglieder (23,2 Prozent) sprach sich gegen jede Öffnung in der Frage aus.

Der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, Eric de Moulins Beaufort, sagte nun im Interview der Zeitung "La Croix", ein Gesetz zum Töten als "Gesetz der Brüderlichkeit" zu bezeichnen, sei eine Täuschung. Macrons Begrifflichkeiten seien schöne Rhetorik; tatsächlich öffne der Präsident auch assistiertem Suizid die Tür.

Die Versprechungen zum Thema Palliativversorgung seien vage, wie schon seit 20 Jahren, kritisierte der Erzbischof von Reims. Statt palliative Versorgung auszubauen, habe Frankreich in der Vergangenheit sogar die Mittel für bestehende Angebote zusammengestrichen. Es brauche keine Reden, sondern Taten. De Moulins Beaufort wörtlich: "Man muss kein Christ sein oder an Gott glauben, um die Gefahr zu begreifen, die besteht, wenn sich eine Gesellschaft daran beteiligt, ein Menschenleben zu beenden."

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, Macron verwische den Unterschied zwischen assistiertem Suizid und Tötung auf Verlangen. Der Präsident verkenne, dass auch bei bewegungsunfähigen Menschen Suizid möglich sei, sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Schließlich gibt es heute schon Techniken, die es dem Sterbewilligen erlauben, eine gelegte tödliche Injektion beispielsweise durch Sprache auszulösen."

Während in Deutschland Begleitung zur Selbsttötung nicht an Leidenskriterien gebunden werden dürfe, wolle das geplante Gesetz in Frankreich eine starke Reglementierung des Suizidwilligen, betonte Brysch. Es sei aber praktisch unmöglich, Leidenskriterien allgemeingültig festzulegen - "denn Leiden ist immer subjektiv".

Die Stiftung befürchtet durch die Diskussion in Frankreich auch Auswirkungen auf Deutschland. Angebote und Nachfragen stiegen. Schon 2023 habe sich die Zahl organisierter Selbsttötungen durch deutsche Sterbehilfeorganisationen vervielfacht. Den Bundestag forderte Brysch auf, entsprechende Regeln zu erlassen.

KNA